Stadtcafé Ottensen hinter Gittern

Stadtcafé Ottensen

Von einem Tag auf den anderen war Schluss. Im Juni 2009 wurde das Stadtcafé Ottensen bei mir um die Ecke geschlossen. Ein Ding der Unmöglichkeit – so aus persönlicher, menschlicher Sicht. Aber im Grunde doch auch nur wieder ein Beispiel für „Wirtschaft schlägt alle — Natur, Kultur, jeden“. Zwar soll sich die Ottensener Politik tatsächlich um den Erhalt des von Friedensreich Hundertwasser inspirierten Cafés bemüht haben, aber im Endeffekt stand der Investor doch mit einem Räumungsbefehl vor der Tür. Die Möbel wurden abtransportiert, die Tür vernagelt und seitdem ist das Gelände mit Bauzäunen umstellt. Passiert ist da nicht viel.

Da nun die Sonne zaghaft ihre Strahlen auf Ottensen scheinen lässt, treibt es einen auch eher einmal wieder zu Fuß vor die Tür und man kann sich vor das Café stellen und kopfschüttelnd wünschen, es hätte wieder auf. Schon kommt die Frage auf, wieso das Stadtcafé hat schließen müssen? Eine Schande.

Laut Wikipedia-Eintrag soll das Gebiet im Rahmen des Bebauungsplanentwurfs Ottensen 60 mit 60 bis 70 Wohnungen bebaut werden. Wie man anderswo las, soll der Investor das leerstehende Café in einen bevorstehenden Neubau integrieren wollen. Ja, ne — ist schon klar.

Ich stelle mir oft die Frage, wieso das Café so schnell, holter-di-polter geschlossen werden musste? Da sind doch bestimmt auch mindestens fünf Arbeitsplätze bei verloren gegangen. Meine Vermutung ist die, dass man sich wohl dachte, man könne das Teil so schnell wie möglich schließen. Dann lässt man es eine Weile stehen und hofft, dass es langsam vor sich hingammelt. Wenn man dann endlich mit den Bauarbeiten anfängt, könnte es sein, dass man feststellen muss, dass das Gebäude leider total verschimmelt o.ä. ist und man somit — noch einmal leider — das ehemalige Café gleich komplett abreissen müsse.

Aber das ist nur wieder meine zynische Sicht der Dinge … Vielleicht rutscht bei zukünftigen Bauarbeiten auch nur ein Bagger „rein zufällig“ aus, kommt gegen die Außenwand und beschädigt diese irreparabel. Dann muss man — leider — abreißen.

Bebauungsplanentwurf Ottensen 60/63

Nur mal so, weil es gerade thematisch passt. Wenn ich so etwas lese, dreht sich mir der Magen um:

Mit dem Bebauungsplan sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für eine städtebauliche Nachverdichtung geschaffen werden. Für brachliegende bzw. untergenutzte Blockinnenbereiche sieht der Entwurf die Errichtung von maximal dreigeschossigen Wohngebäuden vor, Gewerbebetriebe sind nach Möglichkeit zu erhalten.

Ich störe mich an dem Wort Nachverdichtung. Das klingt extrem unangenehm und eklig. Schaut man sich im Bebauungsplan 60 das nachzuverdichtende Gebiet an, kann man auch nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Wieso? Wieso muss das „nachverdichtet“ werden? Nur weil da ein, zwei Flächen nicht bebaut sind, weil dort etwas Grün zu finden ist, nur deswegen muss das zubetoniert werden? Nein!

Das selbe Spiel wird auch beim Moltkeblock gespielt. „Oh, ein Stückchen Grün! Da können wir noch Wohnungen draufbauen!“ Muss doch echt nicht sein … X-(

Übrigens: Das mit dem erhaltenswerten Gewerbebetrieb, das haben sie schon mal im Fall Stadtcafé Ottensen nicht geschafft.

Kommentare (2)

  1. Dieser Beitrag trifft den Nagel auf den Kopf! Wir hätten den Bericht nicht besser schreiben können!
    Angemerkt sei noch, dass der Verkauf durch die Stadt Hamburg aus dem Immobilienfonds des LBK’s an einen korrupten Immobilienhai, wie er sich selbst bezeichnete, erfolgte für 1,2 M?, der nur 1,5 Jahre später einen kurz vor der Rente stehenden Bonner Geschäftsführer eines Immobilienkonzerns übern Tisch zog und ihm das Gelände für 5,5 M? weiterverkaufte. Als der endlich checkte, was da abgegangen war, verlor er das Interesse und wartet jetzt offensichtlich darauf, dass er dafür hausintern nicht mehr belangt werden kann und sich eines Tages seine Nachfolger mit diesem Erbe herumschlagen müssen. Aber wahrscheinlich wird das nördlichste Kunstprojekt Hundertwassers dann tatsächlich abgerissen werden dürfen.
    Rainer J. Bruns, ehemaliger Betreiber vom Stadtcafé Ottensen

    Mittwoch, 31. März 2010 um 08:16 #
  2. Mevena schrieb:

    Hundertwasser hatte damit gar nichts zu tun – der hat ja nicht mal je einen Fuss in das Ding gesetzt und hätte es sicher ganz anders gestaltet.

    Also das Café war nur so „Pseudo Kunst“ – der Name wurde Hundertwasser wurde nur für die kommerziellen Zwecke des Cafés missbraucht!

    Der ehemalige Betreiber Rainer Bruns, selbst eine ganz zwielichtige Person, hat sich anscheinend (wie sich so herumgesprochen hat) die ganzen Hundertwasser-Originale, die das Café wohl mal schwarz vom Künstler gekauft hat selbst unter den Nagel gerissen und versteckt – ob das Finanzamt davon weiss?! Allein diese Bilder dürften auch gut ne halbe Million mindestens wert sein!

    Also sind die einen nicht besser als die anderen…

    Von Kultur würde ich bei dem Café jedenfalls nicht sprechen!

    Mevena

    Freitag, 8. April 2011 um 00:43 #