Alt und raus

Ich habe mich nie über die neuen Rechtschreibregeln aufgeregt. Vieles macht Sinn und die deutsche Sprache einfacher. Vieles – nicht alles. Ich habe nie verstanden, warum sich Printerzeugnisse der Anwendung des Neuen verweigert haben.

Jetzt muss ich allerdings einmal kurz murren, ob der Dinge, die sich die Redaktion des Dudens ausgedacht hat. In der 24. Ausgabe des Standard-Nachschlagewerks finden sich Hinweise darauf, ob ein Wort veraltend ist. Veraltend (oder veraltet, bzw. umgangssprachlich) klingt wie: „Wird deswegen auch nicht mehr gebraucht. Vergesst die ollen Wörter. Sofort.“

Detlef Guertler hat in seinem Blog eine Liste der Wörter erstellt, die laut Duden veraltend sind. Lese ich mir die Listen (sind tatsächliche mehrere) durch, dann muss ich stocken. Da finde ich so manches Wort, das in meinem alltäglichen Sprachgebrauch durchaus noch vorhanden ist. Bin ich deswegen jetzt auch veraltend/veraltet? Ich darf doch sehr bitten…

Guertler ist nun bei der Liste T-U angelangt und bekommt erstmals die Frage gestellt, was diese Listen überhaupt sollen. Der Autor antwortet – und ich finde dabei Zweck 4 und 5 am interessantesten: Unterhaltung und Wortrettung.

Was ist denn eigentlich veraltet an „Mutterschaftsurlaub“, „jüngst“, „Jungvolk“, „hinfort“, „Faustkampf“, „Franzmann“ oder „Pfeffersack“? Auf der anderen Seite kann man verstehen, warum manches Wort auf der Liste der aussterbenden Wörter steht – wenn es auch seltsam anmutet. Man muss sich nämlich fragen, ob es folgende Dinge nicht mehr gibt? -> Glauben, Ehrwürden, Chaussee, Kuppelei, Notdurft, Obdach u.a.

Na schön, Kolonialwaren und Gassenhauer gibt es tatsächlich nicht mehr. Übrigens erklärt Freund Duden den Gassenhauer mit ugs. veraltend für allbekanntes Lied. Aha, „allbekanntes Lied“ ist also geläufiger? Soso…

Kommentare (6)

  1. Thorsten schrieb:

    Mein lieber Nils (ich liebe diese MRR-Anrede),

    bei einigen Deiner Begriffe dürfte es doch klar sein, warum diese veraltet sind, z.B. beim Mutterschaftsurlaub handelt es sich um eine Sozialleistung. Sowas gibt es doch, zumal in Hamburg eh nicht mehr. „Jungvolk“ und „Franzmann“ sind zwar historisch tief im deutschen Volk verankert, aber sicher doch keine Ruhmesblätter, handelt es sich doch bei ersterem um eine Abteilung der Hitler-Jugend und letzterem um eine Herabwürdigung ala Spaghetti- oder Frosch-Fresser.

    Dass Kuppelei ausstirbt ist sogar ein Segen – nicht nur für leidgeprüfte Singles, sondern auch für Vermieter, die in früheren Jahren noch darauf achten mussten, nicht mit dem Verkupplungsparagraphen in Konflikt zu geraten.

    g
    t

    PS: Notdurft ist noch ein ganz anderes Thema. Wie Jede(r) bestätigen kann, der schon mal in höchster Not einen zivilisierten Ort suchte, seine Notdurft zu verrichten. Was bleibt einem heute fast noch übrig als ins Gelände zu p… und zu k… Was auch dazu führt, dass diese Worte fast schon notgedrungen in den allgemeinen Sprachgebrauch eindringen.

    Samstag, 26. August 2006 um 14:45 #
  2. Nils schrieb:

    Huch. Jungvolk wird von mir verwendet, wenn ich von „der guten alten Zeit“ schwärme und verächtlich auf das Jungvolk schaue, dass mich einen alten Sack schimpft. Jungvolk sind die Jugendlichen/Jungerwachsenen, die nicht einmal den Witz kapieren, wenn in einem Film von Michelangelos „sechszehnter Kapelle“ die Rede ist.

    Gassenhauer kann es übrigens auch nicht mehr geben. Der Müll, der im Radio läuft, schafft es nämlich niemals in den Rank eines Gassenhauers. *pff*

    Samstag, 26. August 2006 um 14:58 #
  3. MartinM schrieb:

    Ich habe irgendwo mal gelesen, die Duden-Redaktion ginge vor allem nach dem Sprachgebrauch der Presse: was nicht mehr regelmäßig in der Zeitung auftaucht, ist eben ungebräuchlich bzw. veraltet. Das einzige Problem, dass ich mit solchen Listen habe, ist die Autoritätsgläubigkeit mancher Duden-Anwender.

    Samstag, 26. August 2006 um 20:23 #
  4. Boris schrieb:

    Ich will mich da jetzt gar nicht weiter zu auslassen. Das habe ich jüngst (!) ja immer mal wieder getan im Zusammenhang mit der Rechtschreibreform. Nur soviel:

    Was man gegen das „Aussterben“ von Wörtern im Sprachgebrauch tun kann, ist ganz einfach: Sie benutzen!

    Das gilt auch für grammatische Formen wie den Genitiv und den Konjunktiv.

    Man bekämpft die ersatzweisen Primitivismen am besten dadurch, dass man sie vermeidet und mit gutem Beispiel (den genannten eleganteren traditionellen Formen) vorangeht.

    Sonntag, 27. August 2006 um 15:57 #
  5. Nils schrieb:

    Ach ja, der Konjunktiv… – Den hat uns einst unser GMK-Lehrer eingetrichtet. Ist wichtig! Das habe ich nach den zwei Extra-Stunden verstanden und benutze ihn auch oft.

    Konjunktiv – Du wirst nicht sterben! Manchmal stolpere ich sogar über Wörter und überlege, wie dazu der Konjunktiv lautet. Etwas krank, kommt aber vor. 😉

    Sonntag, 27. August 2006 um 16:13 #
  6. Volker schrieb:

    „Ergibt Sinn“ heißt es.

    Montag, 11. September 2006 um 16:58 #