Superheld = Amerikaner?

Superhelden in Comics sind doch in der Regel aus den Staaten kommend. Klar. Die meisten Superhelden-Comics erscheinen schließlich auch in den u.a. Deutschland ist z.B. ein ganz schlechter Markt – für Comics allgemein. Aber dennoch wünsche ich mir manchmal beim Lesen von Superhelden-Comics, dass auch andere Nationalitäten eine Rolle spielten.

Deutschland, das nur am Rande, darf keine Superhelden haben. Wenn Deutsche im Comic auftauchen, sind es immer Nazis, also A%$&@löcher. Doch das soll gar nicht das Thema sein.

Es gibt auch nicht-amerikanische Helden. Man höre und staune. In den Riegen der Helden des DC-Verlags, taucht auch schon einmal Geo-Force auf, ein Prinz aus dem imaginären, europäischen Land Markovia. Als Batman in den 90ern nach dem Knightfall seine Reha antrat, führte ihn sein Weg auch nach England, da seine Ärztin, die Frau, die er liebte, entführt wurde. Hier traf er auf den Vigilanten Hood. Ebenfalls von der Insel kam Manchester Black, der allerdings eher in die Kategorie böser, durchgeknallter Held einzustufen ist. Bei den Marvels kenne ich mich nicht so aus, weiß aber, dass in den Reihen der X-Men noch Storm, Ororo Munroe, aktiv ist. Die Dame stammt ursprünglich aus Afrika. Außerdem hat Marvel noch Black Panther im Programm. Aber sonst wird es schon dünn.

The 99 - Comic, (c) Teshkeel ComicsHeute las ich dann in der SZ einen Bericht über The 99. Hierbei handelt es sich um eine noch recht junge Comic-Serie, die islamische Superhelden zum Thema hat und — wer hätte es gedacht — nicht aus den Staaten kommt. Der Comic wird von Teshkeel Comics im Mittleren und Nahen Osten, sowie den USA vertrieben. 99 steht dabei für die 99 Attribute oder Namen Allahs.

Ganz kurz: Vor langer Zeit wurden alle Weisheiten der Welt in 99 Steinen gebannt. Die Noor-Steine wurden nach Andalusien gebracht, um sie vor einer Invasion zu schützen. Als ein Aufpasser sich die Macht der Steine komplett einverleiben wollte, brannte die Festung, in der die Noor-Steine untergebracht waren ab. Die Steine wurden in alle vier Himmelsrichtungen verstreut und sie gerieten in Vergessenheit.

Nun finden überall auf der Welt Menschen (Gläubige?) diese Steine und nehmen deren Kräfte an. Dabei sind die daraus resultierenden Helden nicht auf den Nahen Osten beschränkt. Nach und nach erwachen überall auf der Welt Helden mit den Gaben Allahs. Zum Beispiel in London, Indonesien, Kanada, Portugal, Ungarn oder auch in den USA.

Als ich den Beitrag las, habe ich schnell die Seite von The 99 aufgesucht und einen flüchtigen Blick drauf geworfen. Offiziell basiert der Comic auf islamischer Kultur und Geschichte. Ich witterte gleich einen religiösen Beigeschmack, eine Art Propaganda. Dem scheint aber wohl nicht so zu sein. So klagte Frankie Shum, Vizepräsident für Finanzen der Teshkeel-Mediengruppe, darüber, dass er von Saudis angesprochen wurde, warum denn gerade die Helden, die z.B. aus Saudi Arabien stammen, nicht auch einmal beten würden? Shum fragte den saudischen Geschäftsmann, der ihm die Frage stellte, wie sie denn beten sollten? Sunnitisch oder schiitisch? Religiöse Feinheiten wollte Shum erst gar nicht eingeführt wissen, da man sich dann gleich in Teufels Küche begebe.

Zu Propaganda-Zwecken scheinen die Comics eh nicht wirklich zu taugen. In Ägypten werden die Hefte zwar nicht einmal kostendeckend abgegeben, aber der größte Comic-Markt im Osten, Saudi-Arabien, hat den Comic z.B. verboten. In palästinensischen Flüchtlingslagern werden die Comics kostenlos ausgeteilt, aber die Kinder dort würden kaum lesen, heißt es in dem Artikel. Wobei ich mir die Frage stelle, ob diese Kinder einfach etwas anders zu tun haben, als Comics zu lesen, oder ob sie eventuell gar nicht lesen können.

Helden müssen also nicht nur aus den Staaten kommen. Obwohl ich es schon etwas seltsam finde, dass ausgerechnet der amerikanische Held in 99, ein verbitterter Rollstuhlfahrer ist. Wirkt ein wenig wertend…

Die erste Ausgabe (englische Sprache) kann man sich komplett hier herunterladen.

Kommentare (4)

  1. MartinM schrieb:

    Solange der verbitterte Rollstuhlfahrer kein deutscher Held ist, und womöglich „al-Muhaimin“ (die Kontrolle) verkörpert, soll’s mir recht sein. 😉

    Übrigens gibt es bei Marvel durchaus deutsche Superhelden, von denen es einer sogar zu einem eigenen Hefttitel und in die Wikipedia geschafft hat: http://en.wikipedia.org/wiki/Hauptmann_Deutschland

    Samstag, 24. November 2007 um 23:49 #
  2. Nils schrieb:

    Aha. Ich sagte ja, ich habe bei Marvel nicht den Überblick. Interessant. Wobei ich beim Anlesen des Artikels erst dachte, dass der doch ein Nazi sei. Eben nicht. Klingt nur seltsam, Hauptmann Deutschland oder „Vormund“. Und seine Truppe, mit der er unterwegs war – sehr seltsamer Name…

    Erst durch den weiterführenden Appendix-Link wird klar, wann der aufgetreten ist. Ich dachte, das wäre eine uralte Figur. Ne. In den 90ern! Oho.

    Sonntag, 25. November 2007 um 10:56 #
  3. MartinM schrieb:

    Da schlagen die Deutschen-Klischees der US-amerikanischen Autoren und die paar deutschen Brocken, die ihnen geläufig sind, voll durch – ich bin schon froh, dass es keinen Helden namens „kaffeeklatsh“, „kindergarten“, „angst“ oder „autobahn“ gab …

    Sonntag, 25. November 2007 um 11:27 #
  4. Arne schrieb:

    Weitere Marvel-Helden die aus Deutschland stammen: Kurt Wagner (Nightcrawler) von den X-Men und David North alias Maverick (Mitglied des Weapon X Programms dem auch Wolverine entstammt).

    Mit der Union der Helden ist vor zwei Wochen übrigens ein neuer Versuch gestartet worden, eine Geschichte über Superhelden in Deutschland zu erzählen.

    Donnerstag, 8. Mai 2008 um 12:41 #