Rechts abgebogen

Die WM, die WM, was war das doch für ein toller Sommer. Alle haben sich dolle lieb gehabt, in den Armen gelegen und superpatriotisch Fähnchen geschwungen. Die Wirtschaft blühte wie eine Vergissmeinnicht auf, selbst das Wetter hatte uns alle lieb, wärmte uns teilweise unerträglich. Ja, die WM war schon toll.

Doch – Oh weh – so makellos war sie wohl doch nicht. Jetzt muss sie als laue Ausrede dafür herhalten, dass in Hamburg die Anzahl der rechten Gewalttaten in diesem Jahr gestiegen ist. Mehr als 40 Prozent wurden verbucht, 20 Prozentpunkte mehr im Vergleich zur Bundesebene. Der Senat will Leuchtfeuer, die Hamburg berühmt und weithin sichtbar machen? Da hat er es. Schließlich wurde nicht gesagt, in welche Richtung die Stadt berühmt werden soll. Reinhard Fallak, Sprecher der Innenbehörde, gibt der WM die Schuld und lehnt sich abwinkend zurück. Man müsse nichts machen.

Und ob man da etwas machen muss! Man sollte sich als Bürgerhirte vielleicht einmal hinsetzen und an die eigene Nase fassen. Wieso gibt es denn mehr „politisch motivierte Straftaten“? Wie schauen die Zahlen für z.B. München, Stuttgart oder Berlin aus? Dort fand die WM ebenfalls statt. Wäre es nur ein Phänomen der WM, Herr Fallak, dann müsste auch dort ein massiver Anstieg zu vermelden sein, oder?

Vielleicht sehen aber auch gerade junge Leute – also die, die wohl am ehesten solche Straftaten begehen – keinen Sinn in einer Politik, die sich offenkundig nicht um die Wählerschaft kümmert, Bürgers Meinung sogar mehrfach mit Füßen tritt? Oder die (wieder jungen) Menschen sind wegen anderer Umstände frustiert? Da käme z.B. die miserable Hamburger Ausbildungslage in Frage, die sich seit der Beust-Regierung deutlich verschlechtert hat. Oder ist das auch Schuld der WM?