Operation Gomorrha

Wie das Leben so spielt, wie es doch immer zu Zufällen kommt. — Am Freitag unterhielt ich mich durch Zufall über das Bombardement der Royal Air Force auf Hamburg im Zweiten Weltkrieg. Ausgang war die Frage, wieso am südlichen Ende der Hamburger Straße die Straße zweigeteilt ist. Wieso heißt der westliche Teil Hamburger Straße und der östliche Oberaltenallee? Nun kam das wandelnde Lexikon Herr S. und wusste (einmal mehr) Rat. Beide Straßen waren wohl vor 1943 noch nicht so breit wie jetzt und somit war Platz für eine Häuserzeile zwischen den beiden Straßen. Dies wurde auch freundlicherweise von der Bibliothek des Museums für Hamburgische Geschichte bestätigt.

Der RAF-Einsatz in der Nacht vom 29. auf den 30. Juli zerstörte weite Teile Barmbeks und machte u.a. diese Häuserzeile dem Erdboden gleich. Bei der gesamten Operation Gomorrha, einem Fliegerangriff-Einsatz von RAF und Amerikanern, wurden 70% Hamburgs dem Erdboden gleich gemacht. Nach dem Krieg wurde dann die Häuserzeile zwischen den beiden Straßen nicht wieder aufgebaut. Es entstand eine breite Straße – mit zwei Straßennamen am Anfang.

Übrigens: An der Ecke, wo der Eingang zum mittlerweile ziemlich heruntergekommenen Einkaufszentrum Hamburger Straße ist, dort wo es zum Kino hochgeht, dort stand vor dem Angriff ein riesiges Karstadt-Gebäude, das ebenfalls zerbombt wurde. Wer von der U-Bahn Mundsburg zum Einkaufszentrum geht und dabei über die Straße geht, muss meistens auf der Verkehrsinsel zwischen Oberaltenallee und Hamburger Straße warten. Dabei sollte einem die Plastik der Künstlerin Hildegard Huza auffallen, die dort seit 1985 steht: eine zusammengekauerte Figur in einer abgerissenen Häuserecke. Dies ist ein Mahnmal gegen den Faschismus an sich und eine Gedenkmal an die 370 Menschen, die in einem öffentlichen Luftschutzbunker erstickt sind, da die umliegenden, zerstörten Gebäude den Ausgang versperrten.

Noch ein Zufall

Wie ich dann am Wochenende erfuhr, war auch meine Familie (väterlicherseits) davon betroffen. Nur einem Zufall war es zu verdanken, dass meine Großmutter samt Kindern bereits am 7. Juli Hamburg verlassen hatte. So blieben sie von der Operation verschont. Beinahe.

Mein Großvater sollte während seines Urlaubs in die heimische Wohnung und Koffer abholen. Er kam am 27. Juli 1943 im Süden Hamburgs an und durfte nicht auf die Nordseite. In der Nacht vom 27. auf den 28. Juli flogen die Briten den zweiten Großangriff gegen die Hansestadt, betroffen war auch Hamm, wo meine Großeltern samt Kindern lebten. Erst einige Tage später durfte mein Großvater über die Elbe. Von dem Haus, in dem sie wohnten, war nur noch die Fassade übrig. Ein Schicksal, dass viele Hamburger damals geteilt haben.

Zum Glück kam niemand aus meiner Familie ums Leben. Ein Glück, das nicht jeder hatte. Während der gesamten Operation kamen beinahe 48.000 Hamburger ums Leben.