Microformats für die Masse

Was sind Microformats?

Für die Masse: Ganz kurz ein Wort dazu, was Microformate sind. Jede Internetseite besteht aus Inhalten, die „semantisch aufbearbeitet“ sind. D.h. eine HTML oder XHTML-Seite besteht aus viel Text und dieser ist in sog. Tags eingeschlossen, die dem Browser sagen „Hey, das hier ist eine dicke Überschrift, dies ein Absatz und dort haben wir einen Link und das ist ein Zitat usw.“. Mit Designanweisungen (CSS) kann man das Aussehen der Seite steuern. Ist die Schrift groß, klein, fett, grün, schwarz. Wo soll das Bild sein? Welche Farbe hat der Hintergrund und und und.

Leute haben sich zusammengesetzt und beschlossen, welche Auszeichnung wofür steht. Die Möglichkeiten sind ausreichend, doch andere Leute haben sich gedacht, dass man doch noch mehr aus so einer Seite rausholen könnte!? Also haben sie sich vor gut zwei Jahren die Microformats ausgedacht. Mit ihrer Hilfe ist es möglich, dass man bestimmte Inhalte noch genauer auszeichnen kann. Man kann Visitenkarten machen (hCard), man kann Kalender erstellen (hCalendar) oder eine Besprechung abgeben (hReview) und noch einige Dinge mehr.

Dabei wurde nicht das Rad neu erfunden, sondern auf bereits bestehenden Auszeichnungen aufgebaut, das Ganze wurde schließlich an bereits bestehenden Formaten aus anderen Bereichen (nicht dem Internet — die hCard ist z.B. an die vCard angelehnt) angepasst. Dazu bedient man sich sog. Klassen, die man zusätzlich zu den Auszeichnungen in HTML/XHTML reinschreibt. Normalerweise benutzen Webdesigner diese Klassen, um damit die Designanweisungen anzusprechen. Nun kann man das mit den „neuen“ Klassen auch, aber primär dienen sie der Auszeichnung von Microformats. Mit einer Klasse kann man bestimmen, ob ein HTML-Element z.B. eine Visitenkarte oder eine Besprechung, ein Termin oder ein Ort ist.

Zum Aufbau einzelner Microformats möchte ich hier erst einmal noch nichts sagen. Es soll zuerst gezeigt werden, wofür man Microformats benutzen kann.

Maschine gegen Mensch

Man stelle sich vor, man schaut ins Impressum oder auf die Kontaktseite eines Internetauftritts. Dort steht ein Name, darunter eine Straße, darunter die Postleitzahl, gefolgt vom Ort. Darunter wiederum stehen eMail-Adresse und Telefonnummer. Wenn wir uns so einen Adresse anschauen, dann erfassen wir diese Ansammlung von Daten auch tatsächlich als eine Adresse. Man könnte davon ein Bildschirmfoto machen, dieses ausdrucken und auf einen Brief kleben.

Maschinen können diese Adresse nicht erfassen. Wenn eine Suchmaschine o.ä. auf die Seite kommt, sind das für sie nur lauter Buchstaben und Zahlen, die aneinandergereiht sind. Dass es sich bei diesen in einem Block optisch zusammengefassten Zeichenfolgen um eine Adresse handelt, dafür ist so eine Maschine zu dumm. Das kapiert sie nicht. Aber wenn wir die Microformats einsetzen, dann wird mit Hilfe von genau vorgegebenen Klassen daraus eine auch für Maschinen leserliche Adresse. Oder ein Termin wird auf diese Weise auch für ein Suchskripts als solcher erkennbar. Die Idee ist, dass in Zukunft die Suchmaschinen das Internet nach diesen Auszeichnungen durchsuchen und damit Konzert-Kalender, Adressbücher, Buchbesprechungen, Filmkritiken u.ä. zentral sammeln können — weil sie es dann verstehen, was sie dort aufgesammelt haben. Der Mensch kann dann wiederum schneller und gezielter an solche Informationen herankommen. Man sucht eine Buchbesprechung? Dann geht man auf solche Seiten, die Buchbesprechungen gesammelt haben.

Im Beispiel der Adresse verändert sich übrigens für den Menschen nichts. Die Klassen können, müssen aber nicht zur optischen Gestaltung genutzt werden. Im Grunde bleibt für uns die Adresse unverändert.

Sichtbarmachen

Und warum sollte man das machen? Nur für die Maschinen? Werden wir alle von Maschinen versklavt? Was soll das? — Alles Fragen, die dem Leser durch den Kopf gehen mögen. Die Antwort: Auch für den Menschen haben diese Auszeichnungen – wenn auch zunächst nicht sichtbar – einen Nutzen. Die gesammelten Daten bleiben hierbei sogar auch erst einmal außen vor.

Mit bestimmten Hilfsmitteln im Browser, kann man die Microformats „sichtbar“ machen. Die beiden wichtigen Kandidaten sind hierbei Tails und Operator. Beide sind kostenlose, mit einem Klick zu installierende Erweiterungen für Firefox. (In Firefox 3 sollen Microformats von Haus aus unterstützt werden, dann braucht man wohl nicht mehr die Hilfsmittel…)

Im Folgenden soll gezeigt werden, wie spannend und sinnvoll der Einsatz von Microformats für den Menschen sein kann. Ich habe mir dazu die Internetseite des kleinen Hamburger Musiker-Trios Boys2Rock ausgesucht, da hier ein mit Microformats ausgezeichneter Kalender vorhanden ist.

Operator

Die Operator-Erweiterung erzeugt unter der Adressleiste von Firefox eine neue Symbolleiste. Geht man auf eine Seite, die keine Microformats einsetzt, bleibt der Operator „blind“:

inaktive Firefox-Erweiterung Operator

Sobald man aber auf eine Seite mit Microformats geht, erkennt der Operator diese und zeigt an, welche und wie viele davon vorhanden sind. In diesem Fall befinden wir uns auf der Termine-Seite, weil wir dort Termine vermuten. Doch wir finden noch mehr:

die Firefox-Erweiterung Operator hat Microformats entdeckt

Hoppala, was ist denn da los? Im Grunde sind es acht Termine. Zu jedem Termin gibt es einen Ort, eine Adresse und einen Kontakt. Kontakt? Ja, man kann Microformats miteinander kombinieren. So haben wir im vorliegenden Beispiel in jedem Kalender-Microformat auch ein Visitenkarten-Microformat.

Ein Klick auf das nun grüne Icon für Adressen erzeugt eine Liste mit allen acht Straßen:

Adressen-Liste in der Firefox-Erweiterung Operator

Schon einmal ein Anfang. Aber es geht noch weiter. Hinter jeder Adresse findet sich ein Pfeil, der wiederum eine neue Auswahlliste anzeigt:

Optionen für die Adressen in der Firefox-Erweiterung Operator

Man kann sich nämlich nun ganz bequem die ausgezeichneten Adressen z.B. in Google-Maps anzeigen lassen:

eine Adresse wird in Google-Maps angezeigt

Na das ist doch ‚mal sinnvoll! Doch es geht noch weiter. Wie oben bereits erwähnt, haben wir jeden Termin mit einem hCard-Microformat kombiniert. Was passiert, wenn man in Operator auf „Kontakte“ klickt? Es werden alle acht Kontakte angezeigt. Hier handelt es sich um die hCards der einzelnen Bars und Örtlichkeiten, wo das Trio aufgetreten ist:

Kontakte in der Firefox-Erweiterung Operator

Auch diese haben weiterführende Pfeile. Der Clou hier: Man kann sich die Kontaktdaten schön bequem als vCard auf dem heimischen (oder geschäftlichen) Rechner abspeichern und dann mit einem Klick in das eigene Adressbuch (z.B. Outlook) aufnehmen. Kein umständliches Abgetippe der Kontaktdaten mehr:

Optionen für Kontakte in Operator

Schön und gut, aber wann kommen endlich die Termine? Jetzt! Ein Klick auf „Termine“ und die Namen der Veranstaltungen werden angezeigt:

Übersicht über Termine in der Firefox-Erweiterung Operator

Diese lassen sich ebenfalls exportieren oder z.B. zu 30 Boxes (in Deutschland eher noch unbekannt) oder einem Google-Kalender hinzufügen. Man kann sie sich auch als Lesezeichen in Firefox anlegen lassen:

Optionen für Termine in Operator

Das mit dem Lesezeichen habe ich einmal gemacht. Ruft man dieses auf, bekommt man eine schlichte Seite mit allen wichtigen Daten angezeigt:

ein von Operator als Lesezeichen exportierter Termin

Tails ist auch noch da

Tails nicht aktivDie zweite Erweiterung, Tails, habe ich schon länger im Einsatz als den Operator. Tails ist etwas anders aufgebaut. Zunächst einmal erzeugt es keine neue Symbolleiste, sondern ein kleines anklickbares Icon rechts unten im „Browser-Fuß“.

Tails aktivDas Icon ist auf Seiten ohne Microformats grau. Besitzt eine Seite Microformats, dann wird das Symbol grün. Übrigens handelt es sich bei dem Symbol um das offizielle Microformats-Logo, gestaltet von Dan Cederholm.

Im folgenden Beispiel befinden wir uns auf der Veranstaltungen-Seite von Einfach für Alle. Da Tails „grünes Licht“ gibt, klicken wir auch auf das Symbol. Es erscheint eine Liste. Einmal kann man sich alle Microformats anzeigen lassen, oder, durch Reiter gekennzeichnet, die Microformats sortieren. In diesem Fall haben wir „nur“ Termine:

Übersicht in Tails

Nun kann man sich durch die Liste scrollen und die weiteren Daten, die sich hinter den Terminen verstecken, anzeigen lassen:

Detail eines Termins in Tails

Fazit

Ich mag nicht mehr ohne Operator und Tails unterwegs sein. Außerdem hoffe ich, dass mit der Zeit die Microformats mehr Beachtung und Einsatz finden. Ein Appell an alle Entwickler, aber auch ein Appell an alle Surfer, sich die Erweiterungen in Firefox zu laden.

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  1. […] Hamburg aus. Vor allem kritisiert er, dass z.B. Termine von Veranstaltungen nicht mit Hilfe von Mikroformaten (microformats.org) – in diesem Falle entsprechend hCalender – ausgezeichnet […]