Von der Comic Action enttäuscht

Jedes Jahr findet in San Diego die Comic Con statt. Da brummt die Twitter-Timeline und es wird über neue Comics geschrieben, über neue Filme, Stars und Regisseure reden über ihre Streifen, Verlage über ihre Produkte. Außerdem werden Galerien mit aberwitzigen, ausgeflippten oder coolen Kostümen in rauen Mengen produziert. So auch in diesem Juli.

Als ich die Bilder aus dem San Diego Convention Center sah, die Fotos von Kostümierten und von Figurinen, da dachte ich mir, ich könnte doch mal wieder auf die Comic Action gehen. Die findet immer zur gleichen Zeit wie die Spiele-Messe statt, ebenfalls in der Gruga-Halle. Dort laufen auch Kostümierte rum. Ich wollte Fotos machen.

Dies ist ein Fall für die „Damals“-Polizei. Damals, als alles besser war. Zu Studentenzeiten war ich zweimal in Essen auf der Spiele-Messe. Bekannte hatten dort ausgestellt und ich wollte jeweils die Comic-Ausstellung sehen.

Herbe Enttäuschung

Im Vorfeld hatte ich mir das Ticket schon geholt. Also brav zur Theaterkasse und „eine Karte für die Comic Action in Essen“ bestellt. Große Augen auf der anderen Seite des Tresens. Finde ich nicht. Kurz überlegt und ergänzt, die Dame möge doch bitte unter Spiele-Messe schauen. Ja, die habe sie. Also ein Ticket für die Spiele-Messe gekauft.

Am Donnerstag hingereist, der Plan sah vor, am Freitag die Messe zu besuchen. Die Hinreise am Donnerstag war schon irgendwie lustig. Am Essener Hauptbahnhof füllte sich gegen 9.30h der Bahnsteig. Als die U-Bahn kam, war es ein wahnsinniges Gedrängel, über den Lautsprecher schärfte uns eine Stimme ein, man möge sich doch bitte, sobald sich die Türen öffnen, auch in die Gänge des Zuges bewegen und nicht an der Tür stehen bleiben.

Spiele MesseSo stand ich eingepfercht zwischen Gestalten aus meiner Erinnerung, aus meiner Studentenzeit. Zur Rechten stand ein 2-Meter-Hüne mit einem eingepackten Zweihänder-Schwert. Ja, warum denn nicht? Zu meiner Linken fachsimpelte ein Trio furchtbar ernsthaft über magische Pokale und deren Auswirkungen auf die Realität. Aber so was von ernsthaft ? Da steht man und denkt sich „Verdammt, war ich auch mal so?“ In den tiefsten Tiefen des Hirns antwortet ein verschollener Mittzwanziger „Ja!“.

An der Haltestelle Gruga-Halle purzelten dann alle aus der Bahn raus und strömten zur Messe. Es war kurz vor 10h, die Türen zu den Messehallen waren noch nicht auf. Das Foyer füllte sich, vereinzelt sah man junge Frauen mit künstlichen, großen Katzenohren oder kleinen Hörnern auf dem Kopf.

Kaum wurden die Türen geöffnet, strömte eine riesige Menschenmenge in die Hallen. Ich konnte gar nicht großartig entscheiden, wo ich lang wollte, sondern musste mich treiben lassen. Zum Glück trieb mich die Menge in die richtige Richtung.

Vorbei an Ständen mit Spielen, an Flächen mit Tischen zum Spielen, dann ging es ein paar Stufen runter. Ja, da war auch schon der erste Stand mit Würfeln, wie man sie zum Rollenspiel braucht. Die Rollenspieler und die Comics hocken dicht aufeinander.

Comics spielen in Deutschland keine Rolle

„Damals“ war alles besser und größer. Tatsächlich größer! Es gab einen Stand von Panini, an dem ein Würfelspiel stattfand und Signierstunden gegeben wurden. Auf der Rückseite lagen ein paar Comicalben aus, an einer Seite wurde später eine halbnackte junge Frau blau angepinselt und so sollte sie Mystique aus X-Men: First Class darstellen. Ansonsten machte ich noch eine Hand voll Comic-Händler aus, die in dem Teil der Halle standen, in dem auch Panini anzutreffen war. In der Folge-Halle ebenfalls ein paar Comic-Händler und Tische mit traurig dreinblickenden Comic-Künstlern, die zeichneten.

Dann kamen auch die ersten Stände mit Rollenspielen. Die angrenzende Halle war dann reich bestückt mit Rollenspielen und Ständen, an denen Live-Rollenspieler sich mit Waffen, Schilden, Zauberstäben und altertümlicher Kleidung versorgen konnten. Das war’s. Wo war die Comic-Messe??

Es mag gute 15 oder mehr Jahre her sein, aber damals war wirklich noch mehr los. Ich habe diesmal zum Beispiel nicht Carlsen gesehen oder einen anderen Verlag. Ein paar Stände der Comic-Händler habe ich durchstöbert, aber im Endeffekt war ich doch so sehr enttäuscht von der ganzen nicht existenten Comic Action, dass ich auch nichts gekauft habe. Zumal das, was dort angeboten wurde, das kann ich auch bei Hummelcomic in Hamburg alles kaufen.

Eine Comic-Messe in Deutschland? Absolute Fehlanzeige. Dafür gibt es wohl keinen Markt.

Der eingestaubte Fotoapparat

Extra einen zweiten Akk. mitgenommen und die Speicherkarte hatte ich auch frei gemacht. Aber es gab nichts zu fotografieren. Da liefen ein paar Typen in langen, schwarzen Mänteln herum und ein oder zwei Piraten, bzw. auf Mittelalter getrimmte Gestalten. Bei den letzten beiden Fraktionen handelte es sich aber um Verkäufer an ihren Ständen. Sonst gab es keine Kostüme zum Fotografieren.

Bei meinem letzten Besuch gab es Sturmtruppen aus Star Wars, Darth Vaters, Darth Mauls, Vampire, Typen in Kampfanzügen. ein paar versprengte Anime-Anhänger — aber diesmal: Nichts. 13 Euro für zwei Stunden enttäuschtes Rumlatschen. 🙁

Erst am Sonnabend, als ich eigentlich abfahren wollte, die Bahn aber netterweise eine Stunde Verspätung hatte, sah ich auf dem Essener Hauptbahnhof drei kleine Geister, eine bescheidene Gruppe Steam-Punk-Anhänger und eine Harley Quinn (die aber noch das alte Kostüm anhatte). Eine einzige Comic-Figur! Wenn es mehr waren, dürften die allerdings auch enttäuscht gewesen sein von dem extrem mageren Comic-Angebot auf der „Comic Action 2011“.

Vielleicht versuche ich im nächsten Jahr mal lieber den Internationalen Comic Salon Erlangen? Oder San Diego ?