Werbefläche Hamburg

Unsere Stadtverwalter haben — das ist kein Geheimnis — kein gutes Händchen was das Finanzielle angeht. Zu offen wurde das Geld in den letzten Jahren zum Fenster hinausgeworfen. Prestige-Objekte und Leuchtturmprojekte verschlingen enorme Summen. Anstatt für die Bürger und ihre Bedürfnisse da zu sein, wurde fürs eigene Ego und das eigene Vermächtnis Geld locker gemacht. Wer da noch alles tatsächlich dran verdient hat, werden wir wohl nie erfahren.

Wenn kein Geld mehr vorhanden ist, die Bauunternehmen und andere aber ihren versprochenen Lohn haben wollen, muss man bestehende Geldquellen ausweiten und „kitzeln“. Eine Stadt wie Hamburg, die eine Fläche von rund 755.264 km2 aufweist, hat genau damit eine Haupteinnahmequelle, die derzeit auch fröhlich ausgebeutet wird. Neben dem schrecklichen Wort Nachverdichtung, bei dem selbst auf dem kleinsten Fleckchen Grün oder im schönsten Innenhof noch Häuser gebaut werden sollen, gibt es auch die Stadtmöblierung, die Geld in die Kassen spülen kann.

Dabei handelt es sich nicht unbedingt um Stühle oder Bänke (werbeunabhängig), die in der Stadt aufgestellt werden, um sich darauf auszuruhen. Mittlerweile versteht man unter diesem Begriff eher das Aufstellen von Werbeflächen: City-Light-Säulen (lösen die Litfaßsäule ab), Werbetafeln an Straßenrändern und in Fußgängerzonen, Buswartehäuschen, Toiletten oder riesige Werbeplakate. Das sind wahre Geldquellen. Und wenn man kein Geld, aber Grund und Boden hat, dann „verkauft“ man den eben.

Stadtmöbel in Hamburg

Bereits 2007 wurde der Stadtmöblierer JCDecaux mit dem Auftrag betraut, Hamburg mit Werbung im öffentlichen Raum auszustatten. Seit Anfang 2009 sind sie dabei. Über 2.600 neue Stadtmöbel sollen aufgestellt werden, der Vertrag läuft bis zum Jahr 2015. In den kommenden Jahren sollen damit 508 Mio Euro eingefahren werden. Das sind, nehmen wir 2009 als Startzeitpunkt, ca. 85 Mio Euro pro Jahr. — Die Elbdisharmonie kostet bis Dat. 323 Mio Euro auf der nach oben offenen Skala — laufende Betriebskosten noch nicht mitgerechnet.

Der Vorgang schien zunächst schleichend voranzugehen. Doch mittlerweile fällt es deutlich auf. An immer mehr — und teilweise ungewöhnlichen Stellen — sprießt die Aussenwerbung aus dem Hamburger Boden. Diese moderne Stadtmöblierung/Aussenwerbung kann von innen beleuchtet werden und sie dreht sich (Lichtsäulen), bzw. rotiert die Plakate durch (Werbetafeln). Dabei kamen mir zwei Fragen in den Sinn: Wer bezahlt den Strom? JCDecaux oder die Stadt (und damit der Bürger)? Und woher kommt der Strom? Ist das Öko- oder Atomstrom? Meine Vermutung: Der Bürger bezahlt und da der Strom dann von der Stadt kommt, dürfte Hamburgs Haus- und Hof-Stromlieferant Vattenfall den Saft fürs Licht liefert, was wiederum die Vermutung aufkommen lässt, dass die Werbung dank Atomkraft auch im Dunklen leuchtet.

Eine Anfrage an JCDecaux ergab — nichts. Man möge Verständnis dafür haben, dass man keine Auskunft geben könne, hieß es im Antwortschreiben. Hmm.

Werbebombardement

Diese kleine GoogleMap zeigt die Vorkommen der einzelnen Lichtsäulen und Werbetafeln in weiten Teilen der Bezirke Altona und Mitte. Die Karte ist nicht vollständig für die Bezirke, da diese nicht komplett abgefahren wurden. Sie gibt aber schon einmal einen interessanten Überblick über die schiere Masse an „verkauftem Grund“. In dieser unvollständigen Karte sind schon so viele Stadtmöbel verzeichnet, dass GoogleMaps die kleinen Pins auf zwei Seiten verteilt hat.

GoogleMap mit Standpunkten von Werbeflächen in Hamburg

Auf der Karte sind die großen Werbetafeln, die über den Köpfen der Leute hängen und auch die Werbetafeln an den Bushaltestellen nicht berücksichtigt. Letztere sind übrigens die Form von Werbung/Beleuchtug, die noch am meisten Sinn macht.

Die Werbemittel stehen, rotieren und leuchten hauptsächlich an viel befahrenen Straßen. Eine Tafel habe ich allerdings in Altona gefunden, die völlig einsam und verlassen auf ihren Einsatz wartet. Ansonsten fiel auf, dass einige Straßen (noch) gar nicht mit Werbung beglückt wurden. Allen voran die Elbchaussee. Bitte nicht falsch verstehen, ich finde, es wird eh schon zu viel geworben, aber hier kommt der Gedanke auf, dass es, obwohl eine viel befahrene Straße, einen Grund geben muss, weshalb keine Werbung am Straßenrand steht …

Das stimmt dann allerdings auch nicht. Drei Lichtsäulen habe ich an der noblen Elbchaussee gesichtet. Allerdings hing hier keine Werbung, sondern ein Bild mit blauem Himmel über der Skyline Hamburgs (hellblau markiert). Reine Deko also an diesen Stellen. Ebenso in der feinen Palmaille.

Auch in der HafenCity wird kaum geworben, dabei laufen dort doch täglich Fantastillionen Touristen entlang (hier nur eine Lichtsäule und zwei Werbetafeln gesichtet).

Unterm Strich zusammengefasst

  • Es wird derzeit extrem viel städtischer Grund mit Werbeflächen zugepflastert!
  • Die Verteilung der Flächen ist nicht gleichmäßig und lässt die Frage aufkommen, warum es diese „Zwei-Klassen-Gesellschaft“ gibt.
  • Und schließlich noch die Tatsache, dass diese neuen Stadtmöbel viel (?) Strom verbrauchen — was einer „Klimastadt“ sicher gut zu Gesicht steht. Zumal man nicht weiß, woher der Strom kommt, um was für eine Art Strom es sich handelt und wer dafür bezahlt.

Direkt-Bilder-Links: Himmel-Lichtsäule, Verlorene Werbung, Neue Werbetafel

Kommentar (1)

  1. michaela schrieb:

    tja, die Staatskassen sind leer, und im Hofweg wird (unsinnigerweise) gebaut. Der Fahrradweg wurde für ca. 200.000 EUR auf die Straße geleitet – ergibt unter’m Strich womöglich zwei neue Parkplätze für Hamburgs pseudo-Adel?

    Sonntag, 27. Juni 2010 um 07:35 #