Rollbretter, oder auch neudeutsch Skateboards genannt, sind nichts für mich. Klar, als kleiner Knirps stand ich auf den Dingern. Naja, vielmehr lag ich auf dem bret. drauf und habe mich mit den Armen abgestoßen… Heutzutage bin ich froh, wenn ich mich auf ein Skateboard stelle und gemächlich auf der Stelle hin- und herschaukeln kann. Wilde Fahrten und Grinds, Sprünge und was-weiß-ich, sind nicht mein Ding. Aber ich schaue den Jungs (denn der Großteil ist nun einmal männlich) gerne zu. Die haben alle nicht nur ein exzellentes Körpergefühl und sind top-fit, sie kennen auch echt keinen Schmerz…
In der einst wunderschönen Hansestadt Hamburg muss man als Skater jedoch einiges an Schmerzen einstecken. Wie schon erwähnt, sind sie nicht gerne gesehen. Zu laut, zu wild, zu ungepflegt, zu ungestüm, kein Geld. Also was soll man sich mit denen abgeben? Da wird ein Verein gegründet, um den Jungfernstieg touristentauglich zu machen, die alteingesessenen Skater haben zu verschwinden.
In der Schicki-Micki-HafenCity schaut das nicht anders aus. Hier haben wir die Situation, dass den Skateboard-Jüngern erst gar nicht die Chance gegeben wurde, die Stadt, die Ecken und Straßen für sich zu entdecken. Im derzeit bebauten Bereich nehmen die Magellan-Terrassen einen ziemlich zentralen Punkt ein. Weitläufig, flach, mit Treppen und Bänken. Eigentlich ein guter Platz zum Rollbrettfahren – denke ich mir. Doch in diesem Beispiel einer neuen Architektur, wurde gleich daran gedacht, junge Sportler auszusperren.
Das Zauberwort heißt skate proof. Mit seltsamen Metallnupsies wird gezielt verhindert, dass dieser Flecken Hamburgs auch von Skatern genutzt werden kann. Es dürfen hier nur ruhige, saubere und anständige Menschen verweilen. Alles andere ist Gesocks und hat zu verschwinden.
Wenn ich diese Behinderungen einer Ausbildung von städtischer Gemeinschaft sehe, dann muss ich an Skater-Fotograf Craig Stecyk denken, der 1976 sagte:
Skaters by their very nature are urban guerillas: They make everyday use of he useless artifacts of the technological burden, and employ the handiwork of the government/corporate structure in a thousand ways that the original architects could never dream of. (Quelle: Dogtown & Z-Boys)
Nur haben es die heutigen Skater um einiges schwerer, die bestehende Architektur ihrem eigentlichen Zweck zu entfremden. Wenn nämlich von Anfang an eine natürliche „Übernahme“ des Stadtbildes verhindert wird, indem z.B. Metall-Stifte in Wege oder auf Geländer angebracht werden. Und überhaupt sind Guerillas doch eh alles Unruhestifter. Die wollen wir nicht haben. — Übrigens finde ich das mit den Stiften in den Geländern auch seltsam. Eine alte Dame, die sich die (flachen) Stufen hochquält und langsam ihre Hand am Geländer längs schiebt…
Zumal in diesem Beispiel mit den Magellan-Terrassen alles so wunderbar flach und glatt gebaut ist, dass es geradezu zum Skaten einlädt. Pustekuchen. Hier wird Architektur nur für einen Grund eingesetzt: Schaffen von a.) (langweiligem) Wohnraum und b.) als Vorzeigeobjekt (Stichwort: Leuchtturm).
Da kann auch Skate-Profi Tony Alwa nicht helfen. Der Mann würde in Hamburg keine „Leinwand“ finden:
For me skateboarding has always been about taking advantage of what is available to you whether it’s be made for skateboarding or not. On the streets, the architecture that man has created around us with all the concrete which is basically destroying the environment ? we use it. We use it to our advantage and we use it not only for riding, we use it for expression, we use it as a canvas, we use it to create instead of destroy. (Quelle)
Diese Architektur in der HafenCity lässt sich jedenfalls nicht anders nutzen. Oder? (flickr-set)
Kommentare (2)
Ja, es ist eine Schande. Ich habe eine Zeit lang gerne da gesessen, und den Skatern zugesehen, die fast immer da waren. Es war nämlich mal möglich dort zu fahren, diese ganzen Nippel sind erst später (geschätzt 1 Jahr, mag mich aber irren) eingepflanzt worden. Ich war seit dem nicht mehr da, diese Nippel haben sofort etwas ausgelöst, obwohl ich selbst vom Skaten soweit entfernt bin wie ein Schwein vom fliegen. Schade, denn bei aller berechtigten Kritik sehe ich die HC nicht so negativ und war gerne da, aber wenn man alles Leben im Keim erstickt… bleibt es Tot.
Echt nachträglich? Verrückt. Aber stimmt, mir war auch so, als hätte es bereits Stunk gegeben weil geskatet wurde.
Nachträglich… – Die spinnen. Sieht aber so aus, deswegen schrieb ich es auch, als wären die „Nippel“ schon von Anfang an so geplant gewesen. 🙁