Der übliche Schnellschuss

Immer schneller, immer mehr — die Devise der Medien. Härter, blutiger, dreckiger, schlüpfriger, mieser: alles Ziele unserer Medienlandschaft. Im Fernsehen schon lange, im viel schnelleren Internet sowieso. Und da niemand der Informationsanbieter seine Seiten aus reiner Nächstenliebe online stellt, sondern damit Geld verdienen will, wird eben jedes Ereignis ausgeschlachtet. Je dreckiger, blutiger, schlüpfriger desto besser.

Immerhin haben sich die Medien ihre „Kunden“, die Leser, Hörer und Zuschauer, so erzogen, dass sie auf all den Schmutz stehen. Möglichst schnell über alles informiert sein, ihre Nase in jeden Mist von fremden Personen reinstecken, das wollen die Leser und Zuschauer. Ein Video eines Diktators, das zeigt wie er gehängt wird? Super! Ein Heranwachsender, der sich selber richtet? Klasse! Auch Trash-TV, in dem D-Promis im Dschungel Dreck fressen, ist absolut willkommen. Billige Produktionen — dafür hohe Einschaltquoten, bzw. hohe Klickraten, sind ein El Dorado für jeden Sender- oder Seitenbetreiber.

Hier wurde kein Amoklauf angekündigt, es gibt hier nur Leute, die mit Photoshop umgehen können.

Scheinbar ist recherchieren heutzutage uncool. Schlimm genug, bei Wikipedia abzuschreiben, aber hier? Grundgütiger.

Das schreiben die Jungs von krautchan.net — vor ein paar Minuten habe ich von denen noch nichts gehört gehabt, offensichtlich ist das sonst ein Imageboard. Aber unsere blutgierigen Medien stürzten sich auf diese Seite, weil dort ein Amoklauf angekündigt worden sein sollte. Was wohl nicht stimmt.

Da es immer schneller und immer mehr sein muss, denn nur so schafft man die selbst gesetzten Klick-Ziele, die das einzige Heil der Chefs sind, werden Nachrichten unkontrolliert „freigelassen“. Immerhin bringen nur Page Impressions das Geld. Bitte mehr Schmutz! Mehr Bilder von Katastrophen, denn das ist es, was „die da draußen“, die „Klick-Schweine“ lesen wollen. Geben wir ihnen das, worauf wir sie trainiert haben.

Ob es stimmt, was geschrieben steht? Hey, die Medien lügen nie! Da braucht man sich eben auch nicht mehr um Quellen bemühen, die dies oder jenes bestätigen, bzw. widerlegen. Egal. Schnell raus mit der Info, dem Text, dem bild. dem Video. Klickraten sind das was zählt!

In all der Eile im Kampf um Klicks, wird eben schon mal vergessen nachzufragen. Die Betreiber von Krautchan wissen jedenfalls zu berichten, dass sich lediglich eine einzige Zeitung bei ihnen nach dem Wahrheitsgehalt der Meldung erkundigt hat: die London Times. In Deutschland … Naja, da zählt das Klick-Geschäft eben mehr als die Recherche.

Auch hat uns übrigens als Betreiber des Servers bisher außer der London Times niemand kontaktiert und um Informationen gebeten. Nicht eine einzige Anfrage. Stattdessen hat man lieber in der Öffentlichkeit seine Spekulationen verbreitet und es uns überlassen, diese zu finden und darauf zu antworten.

Die FTD weist wenigstens in einem Beitrag noch darauf hin, dass auch sie unkontrolliert über das Imageboard und die gefälschte Amok-Ankündigung berichtet haben. Ein klein wenig Eingeständnis.

Kommentare (3)

  1. funkygog schrieb:

    Traurig!
    Worin besteht eigentlich heute die Ausbildung eines Journalisten? Google zu bedienen?

    Aber die Medien -so schlecht sie auch sind- spiegeln nur die Gesellschaft!

    Samstag, 14. März 2009 um 00:18 #
  2. MartinM schrieb:

    Worin besteht eigentlich heute die Ausbildung eines Journalisten? Google zu bedienen?

    Offensichtlich Ja. Und das meistens auch noch schlecht!

    Samstag, 14. März 2009 um 08:49 #
  3. Nils schrieb:

    Aber die Medien -so schlecht sie auch sind- spiegeln nur die Gesellschaft!

    Und das ist wie mit dem Huhn un dem Ei: Wer war zuerst „dreckig“? Eine „Grundverschmutzung“ ist immer da, doch die Medien haben die Mitgleider der Gesellschaft dahin erzogen, dass sie mit noch schlechterer Qualität zufrieden sind. Low-Quality lässt sich schneller umsetzen und ist billiger. Wie gut, dass die Menschen darauf stehen …

    Sonntag, 15. März 2009 um 11:37 #