Erstes EnergyCamp Hamburgs im Betahaus

Im Mai sollte das erste EnergyCamp in Hamburg über die Bühne gehen, leider fiel es aus. Zum Glück hat sich Nina Galla der Idee angenommen und viel Schweiß und Mühe in die Organisation des BarCamps investiert. Am 22. Und 23. Oktober wurde das EnergyCamp im Betahaus veranstaltet. Leider konnte ich nicht an beiden Tagen teilnehmen, sondern nur am kurzen Veranstaltungstag, dem Sonnabend.

Ein Sponsor des EnergyCamps war die Firma Arktik, die für alle Anreisenden einen Kohlenstoffdioxidausgleich einleiten will. Arktik war auch der Veranstalter der ersten Session. Dominic de Vries, seines Zeichens Geschäftsführer von Arktik, stellte das Konzept einer überschaulichen, aber kritischen Gruppe Interessierter vor.

Als Kaumflieger habe ich nur mal am Rande etwas von CO2-Ausgleich gehört, von daher war es spannend, etwas zu diesem Thema aus erster Hand zu hören. Arktik organisiert CO2-Kompensation für Autofahrer. Was für Flüge alter Hut ist — wobei ich nicht weiß, wie intensive die Flugreisenden oder die Fluggesellschaften tatsächlich diesen Ausgleich betreiben — will die Firma den CO2-Ausgleich für den „Hausgebrauch“ schaffen.

Die Kunden bezahlen zwei Euro pro Monat, bekommen eine Karte mit der sie (derzeit noch) ausschließlich bei einer ganz bestimmten Tankstellen-Kette den Wagen auftanken können. Naturschutz kostet etwas. Die Kunden zahlen deshalb zwei Cent pro Liter mehr, die Tankstellenkette legt noch einmal zweieinhalb Cent pro Liter drauf. Von diesen Geldern werden Zertifikate zum Ausgleich nach dem Gold Standard erworben.

Hier verließen sie ihn — also mich. Wie dieser ganze Zertifikat-Handel, der einem Aktien-Handel zu gleichen scheint, über die Bühne geht … keine Ahnung. Das Konzept klingt jedoch nicht schlecht. Wohlgemerkt: CO2-Ausgleich reduziert den Kohlenstoffdioxidgehalt in der Atmosphäre nicht. Menschen mit dem Wunsch die Umwelt nicht zusätzlich zu belasten, sind die Kunden. Im Endeffekt gilt jedoch immer die Regel: Vermeiden anstatt nachträglich einen Ausgleich machen. Immerhin wollte de Vries auch wissen, was das Publikum von der Sache hält. Ist das Konzept des CO2-Ausgleichs eine Art „Sündenerlass“, der zum Mehrfahren animiert?

Permakultur in Hamburg

Als zweites Session-Thema gab es einen Vortrag über Permakultur. Wie wohl jedem Zuhörer auch, sagte mir das Thema überhaupt nichts. Wenn ich ehrlich soll, ist es immer noch kein Thema für mich. Die Permakultur ist ein sehr umfangreiches Beschäftigungsfeld, mehr eine Art Philosophie, gekoppelt mit viel praktischer Umsetzung — alles nachhaltig und, um ein weiteres Schlagwort zu benutzen, ganzheitlich.

Am ehesten ist mir in Erinnerung geblieben, dass die Hamburger Permakultur-Bewegung im Tutenberg Institut für Umweltgestaltung e.V. lokalisiert ist. Der Verein ist im Volkspark angesiedelt. Dort, so wusste ein Teilnehmer zu berichten, hat der Verein auch schon eine Wildwiese angepflanzt. Zudem haben die Altonaer Permakultur-Betreiber die Genehmigung erhalten, eine 0,5 Hektar große Fläche im Volkspark zu bewirtschaften. Im Sommer sollen dann die Localvoren auf ihre Kosten kommen, wenn mit netten Leuten unter freiem Himmel gespeist wird.

Die wer? Localvore sind Menschen, die sich auf den Verzehr von aus der unmittelbaren Umgebung stammenden Nahrungsmittel konzentrieren. Wozu muss — das ist eine Frage, die ich mir immer wieder Stelle — Milch aus Bayern nach Hamburg gekarrt werden. Aus klimatechnischen Gründen absoluter Schwachsinn!

Was mich an dem Vortrag aufhorchen ließ, war die Tatsache, dass das Tutenberg Institut die Erlaubnis erhalten hat, im Volkspark etwas zu machen, das nicht einer Kommerzialisierung oder einer Betonisierung gleichkommt, wie sie der Hamburger Senat geplant hatte. „Sichtschneisen“ wurden immerhin schon in den Wald geschlagen …

Politiker im Gespräch

tomaschek-fegebank-keiffenheimAls nächster Punkt stand das Politik-Panel auf dem Plan. Moderiert von PolitCamp-Organisator Valentin Tomaschek, unterhielten sich Marcel Keiffenheim, Leiter Energiepolitik von GreenpeaceEnergy, die GAL-Landesvorsitzende Katharina Fegebank, der von Flexstrom kommende Dirk Hempel, die Umweltpolitische Sprecherin der CDU, Birgit Stöver, sowie deren Gegenpart der SPD, Dr. Monika Schaal.

Hauptstreitthema war Hamburg als „Klimahauptstadt 2011“. Tomaschek fragte Frau Stöver nach der Klimahauptstadt und den Harley Days. Die CDU-Dame fegte die Harley Days-Diskussion einfach mit einem „dazu gibt es schon eine Entscheidung“ vom Tisch.

Es folgte eine rege Diskussion über die Berechtigung oder Sinn der „Klimahauptstadt“. Wie kann Hamburg sich dieses Etikett ans Revers heften, wenn es sich eine riesige CO2-Schleuder in Moorburg vor die Tür setzt? Die Frage ging an GAL und CDU, die selbstredend anfingen das Teil vehement zu verteidigen. Dabei kamen doch noch einige Fakten zutage, die ich zuvor auch nicht wusste. Aus dem Publikum kam die Info, dass die Kohle für das Steinkohlekraftwerk aus Australien herangeschafft wird. Wie bitte? Das ist ja gleich noch mal eine Umweltsünde oben drauf! Ferne fiel die Aussage, wonach man nun Holz mitverfeuern wolle, um irgendeine Umweltbilanz zu schönen.

Frau Fegebank gab dann zu, dass Hamburgs Haus- und Hofstromlieferant Vattenfall, der auch in Berlin ein Kohlekraftwerk plante, dort die Pläne geändert habe und nun stattdessen ein Gaskraftwerk einrichte. Zudem gab sie zu, dass der schwedische Stromanbieter in Hamburg ebenfalls mit Gas befeuern wolle, aber in der Hansestadt sei es nicht möglich — man frage mich bitte nicht welche „Deals“ das verhindern. Vertrag ist Vertrag und der darf nicht geändert werden — oder so ähnlich.

Nun fing die GAL-Vorsitzende an, ihre Partei zu verteidigen. Man habe wirklich daran geglaubt, man könne Moorburg verhindern. — Da machte ich nicht nur große Augen, sondern konnte auch ein Lächeln kaum verbergen. Das kann mir niemand weismachen wollen, dass die GAL tatsächlich geglaubt habe, Moorburg verhindern zu können!? Das zeugt entweder von einer ungeheuren Naivität oder von einer unglaublich Realitätsverdrängniskraft. Es war jedem im Vorfeld klar, dass Moorburg unter Dach und Fach gebracht wurde. Dafür hatte schon der frühere Spaß-EB von Beust noch rechtzeitig vor der Wahl gesorgt gehabt. Der Antrieb der GAL muss also ein anderer gewesen sein, in die Koalition einzutreten.

Die Größe des Kohlekraftwerks verteidigte Frau Stöver übrigens damit, dass so niemand ein weiteres Kraftwerk daneben bauen könne. Ich hoffe, die CDU ist sich im Klaren, dass das ein ganz schwaches Argument ist. Man holzt doch auch keinen Wald ab und betoniert ihn zu, nur damit niemand anderes einen Parkplatz dort bauen kann. Im Grunde wurde auch zugegeben, dass man dem schwedischen Stromlieferanten zugesteht, dort so groß zu bauen, damit keine Konkurrenz daneben Fuß fassen kann. Man hilft sich halt …

Eine durchaus gute Diskussion, die Informationen offenbarte, die (mir) zuvor nicht bekannt waren. Am besten gefielen die Herren Keiffenheim und Hempel mit ihren Argumenten. Frau Schaal hatte zwar wichtige Fakten beizusteuern, wirkte jedoch etwas gelangweilt. Mein Nachbar meinte noch, dass es zu viele Redner waren. Entweder das oder die Zeit war zu knapp. Nach einer Stunde war das Panel schon vorbei, wobei das Thema durchaus mehr Zeit in Anspruch nehmen kann.

Die Welt von morgen

bhansen-energycampAls letzte Session (für mich) gab Björn Hansen von Morgenwelt etwas zum Besten. Bei Morgenwelt handelt es sich um einen Zusammenschluss von einer Hand voll Menschen aus unterschiedlichen Bereichen, die ein Bewusstsein für einen sinnvollen Umgang mit Energie beibringen wollen. Im Gegensatz zu den „Aufklärern“ der 80er Jahre, will Morgenwelt den Menschen nicht mit dem erhobenen Zeigefinger kommen. Vielmehr soll Spass ein Motivator sein.

Mit einem Vier-Punkte-System soll Otto Normalverbraucher der sinnvolle Umgang mit Energie nahe gebracht werden. Neben einer Vortragsreihe à la TED werden von Fachleuten Energiethemen referiert. Daneben gibt es eine Art Sommerfest (die Nachhaltica), das mit einer Fachmesse kombiniert wird. Frei nach dem Motto: Papa braucht Infos zum Kauf eines neuen Heizkessels? Das kann er auf dem Fest erledigen, während sich die Kinder auf dem integrierten Jahrmarkt amüsieren. Ein gutes Konzept.

Unter Morgenwelt Rocks werden Aktionen ins Leben gerufen, die aktiv ein Umweltbewusstsein wecken sollen. So wusste Hansen zu berichten, dass in diesem Sommer in Berlin über die eigene Facebook-Seite zu einer Radtour mit ungewissem Ziel und anschließender Party aufgerufen wurde. Die Berliner kamen zahlreich. Am Ende der Tour gab es tatsächlich eine Feier mit Live-Musik auf einer Bühne. Der Strom für die Bühne kam von den Menschen. Auf speziellen Fahrrädern strampelten sie sich für Energie ab. Was wie ein Spaß (und doch harte Arbeit) klingt, hat einen Nebeneffekt. Viele denken, der Strom komme aus der Steckdose und gut ist. Wenn man aber selber sich abmühen muss, um ein bisschen Strom zu erzeugen, dann macht man zuhause auch im Flur das Licht aus, sobald man ins Nebenzimmer geht. Einfach weil man weiß, wie kostbar Energie ist.

Im Publikum saß ein junger Mann namens Jan, der extra für das EnergyCamp die Schule schwänzte und der dem Morgenweltler Hansen gleich überaus gute Vorschläge unterbreitete, wie man das Konzept von Morgendwelt Rocks mit jungen Menschen umsetzen könne. Es gibt doch noch Jugendliche mit Umweltbewusstsein und Ideen! Ich bin begeistert.

Morgenwelt will hoch hinaus. Elmshorn soll das Testgelände sein. Man hat den Rückhalt der Stadtwerke und möchte damit eine ganze Stadt zu einem sparsamen Energieumgang bewegen. Löblich.

Fazit

Das erste EnergyCamp in Hamburg kam gut an. Wie schon erwähnt, konnte ich leider nur am „kleinen Tag“ teilnehmen und da auch nur passiv. Aber die Sessions sowie das Politik-Panel waren sehr aufschlussreich und boten Informationen, die Lust auf mehr Recherche und weiterführende Gedanken machten. Nächstes Jahr wird wieder ein EnergyCamp stattfinden, das wurde bereits angekündigt.