Meine U4-Fahrt

Eingang U4-Station Überseequartier

Liebes Tagebuch,

heute hatte ich sehr viel Spaß. Es ist ein verregneter Tag, unangenehm, düster und doch habe ich mich bestens amüsiert. Es war nach dem Mittagessen, wir waren gerade am Jungfernstieg, als mein Kollege auf die verrückte Idee kam, wir könnten doch mal mit der U4 fahren. Nach einem anfänglichen Kopfschütteln zuckte ich dann doch mit den Schultern. Was soll’s? Bin ich eben mal wild und verwegen. Ist ja ein neues Jahr.

Ein Kurzzug war’s. Das Einssteigen war ganz easy. Die angekündigten Fantastillionen von Touristen und Weltenbummlern, Hamburgern und Hamburg-Freunden ? sie blieben aus. In unserem Abteil saßen vielleicht sieben, acht Leute. Der Wagon hinter uns war komplett leer. Es sei denn, irgendjemand hätte sich auf dem Fußboden versteckt gehabt.

So fuhren wir und meine Stimmung stieg von Sekunde zu Sekunde. Da zogen sie an uns vorbei, die Millionen Euro. In einen runden Beton-Steckelement-Tunnel verpflanzt. Und wir fuhren. Lange. Mein Kollege machte schon einen langen Hals, weil er nach vorn. zum Führerhäuschen schauen konnte. Da sah man eine einzige, scheinbar ewige Kurve vor dem Zug. Und wir fuhren. Wie ein VW Käfer. Die fahren bekanntlich auch ohne Ende.

Ja, das kommt daher, weil man nicht direkt hat bauen können. Man musste einen weiiiten Bogen fahren und genau den beschrieben wir. Zum Glück hatten wir gerade gegessen gehabt.

Als wir dann endlich an der Endhaltestelle ankamen, wunderten wir uns. Wieso nur eine Station? Wurden uns für die Millionen Euro nicht zwei Stationen versprochen? Nein, wir wurden rausgeworfen. Endhaltestelle ist nun einmal Endhaltestelle. Der Kollege fragte den aussteigenden Zugführer, ob denn das schon alles gewesen sei? Wo sei denn bitte die zweite Station? Darauf meinte der nur etwas flapsig und geradezu empört:

Was wollen sie denn da? Da ist doch nichts! Nur Sand.

Fahrplan für die U4 mit zwei StationenAm Wochenende fahre man „die volle Strecke“. Warum? Weil die Fantastillionen von Touristen dann an den Strand wollen?

Wir schauten uns um. Netter Farbverlauf von dunkelblau nach hellblau an den Wänden. Weil wir sieben Minuten warten mussten, bis die Bahn wieder zurückfuhr, wollte ich mich mal oben umsehen. Eine lange Rolltreppe hoch. Dann eine Zwischenetage, auf der man Tennis spielen kann. (Für die Fantastillionen von blablabla ?) Noch eine Rolltreppe hoch. Eine weitere Etage. Mein Kollege war ganz baff. Frei nach dem Motto Noch nicht oben?. Dann die letzte Rolltreppe und da war sie: die Ödnis. Vor uns nichts. Zu unserer rechten nichts. Links eine Art Swimmingpool mit kleinen Betoninseln. Nur in unserem Rücken dann die HafenCity.

Ich bekam mich vor Lachen nicht mehr ein. Dieses ganze Projekt ist so wahnsinnig schwachsinnig, dass man nur lachen kann.

Keine Werbung

Weil es eh nichts zu sehen gab, sind wir also wieder runter in die tiefen Tiefen gerollt. Unten auf dem leeren Bahnsteig fiel mir auf, dass die U4-Station Überseebrücke gar keine Werbung hat. Weder an den blauen Wänden, noch als kleine Rollplakatflächen auf dem Steig. Durfte wohl nicht gemacht werden. Oder es ist für Werber zu langweilig, beinahe so langweilig wie es für Graffiti-Künstler ist, in der HafenCity zu sprühen. Macht auch keiner ?

Als der Zug dann einfuhr, saß wieder unserer Zugführer von der Hinfahrt am Steuer. Für zwei Stationen wäre es auch zu langweilig geworden, deshalb wurde die U4 also bis Billstedt verlängert.

Unsere wieder ewig dauernde Rückfahrt habe ich mich jedenfalls nicht mehr einbekommen, so sehr habe ich gelacht. Die ältere Dame auf dem Sitz neben uns schaute mich jedenfalls seltsam an.

Drei Dinge, die ich gelernt habe:

  1. Mit dem Bus wären wir schneller gewesen und hätten mehr von Hamburg gesehen.
  2. Busse hätten auch das wahnsinnige Verkehrsaufkommen, aka die Passagierzahl, bewältigen können.
  3. Das Ganze ist so traurig, dass es schon wieder lustig ist. Ich denke, wenn die Elbdisharmonie in zehn Jahren fertig ist und ich mich ins Foyer stelle, werde ich vermutlich vor Lachen tot umfallen. Seid gewarnt!

(Jetzt weiß ich auch, wieso wieder – wie jedes Jahr – die HVV-Preise angehoben wurden …)