Das Märchen vom bösen Volk

Es ist keine neue Erkenntnis, wenn ich sage, dass der Hamburger Senat unter der Leitung unseres hochgeschätzten Spaß-EBs von Beust tierisches Muffensausen bekommt, wenn es darum geht, etwas auf politischem Parkett zu unternehmen, das nicht zum eigenen Vorteil gereicht. Sobald das Volk seinen Mund auf macht, sobald es sich erdreistet, den Mund aufzumachen, wird es auch schon wieder mundtot gemacht. „Hey, Ihr hattet Eure Chance!“, lachen sie den Hamburgern ins Gesicht.

Das Wort „Volksentscheid“ muss deshalb wohl auch bei den CDU-Abgeordneten als Drohgeschichte für die kleinen Sprösslinge herhalten. „Wenn Du nicht artig Deinen Brei aufisst, kommt der Volksentscheid!“ Schon kullern die Tränen und der Brei wird gegessen. Dieses Schreckgespenst ist einfach zu grausam, damit bekommt man jedes Kleinkind (aber auch die großen Senatoren) — klein.

Deswegen lässt sich der Spaß-Senat auch so einiges einfallen, um den anstehenden Volksentscheid (14. Oktober) mies zu machen. Da hat z.B. der Verein Rettet den Volksentscheid zusammen mit der Post einen Deal ausgehandelt. Die Post würde nämlich gerne den Hamburgern in einem Werbefeldzug die Briefwahl schmackhaft machen. Frei nach dem Motto ‚Wer nicht zu den knapp bemessenen Wahllokalen gehen kann, der kann doch auch die Briefwahl machen und so die Demokratie stärken‘. Das Tolle an der Sache: die Post würde die Kosten für diesen Werbefeldzug übernehmen. Hey, endlich einmal etwas, wofür wir Hamburger nicht unsere Steuergelder rausrücken müssen! Doch auch die fette Überschrift „Für lau!“ kann den Senat nicht begeistern. Die Angst sitzt einfach zu tief im Nacken. Also wird versucht, das Angebot der Deutschen Post zu hintertreiben.

Doch das ist ja noch nicht alles. Auf der einen Seite wird Werbung für die Briefwahl geblockt. Auf der anderen Seite wird ebenfalls gebohrt. Hier heißt es schmissig und markig aus CDU-Mund: „Wollen Sie, dass so wenige über so viele entscheiden“. Das geht ja nun wirklich nicht.

Zur Info: 35% der Wahlberechtigten müssen dem Volksentscheid zustimmen, damit in Zukunft eine Nein wie zum Verkauf des LBKs nicht einfach von geldhungrigen Politikern gekippt werden kann — soll ja schon mal vorgekommen sein. Nun kommt der Spaß-EB und beißt in seiner Angst um sich. Für ihn sind 35% der Wahlberechtigten eine Minderheit, die es nicht wert ist, gehört zu werden. So so. Die Grüne Jugend Hamburg erinnert den Hamburger König netterweise daran, dass „damals“, 2004, bei der Bürgerschaftswahl noch weniger ihm ihre Stimmen gegeben haben. Also hat er sich nur von einer noch kleineren Minderheit zum König ernennen lassen.

Kurz nachgerechnet: 2004 waren 1.214.935 Hamburger wahlberechtigt. Davon haben tatsächlich nur 834.656 gewählt und von denen haben 389.170 sich von der Posse um den Herrn Schill (den man seltsamerweise nicht mehr auffinden kann…) und den angeschwärzten EB blenden lassen. Sie wählten die CDU. Wenn mich meine Rechenkünste nicht ganz verlassen haben, dann sind das zwar gruselige 47,2% der abgegebenen Stimmen, aber nur 32% der Wahlberechtigten. Also eine noch mindere Minderheit als die 35%, die laut CDU die Demokratie durch Populismus ersetze. Der CDU-Senat warnt vor einer Minderheitendemokratie.

SPD-Innenexperte Andreas Dressel erinnert in diesem Fall an die noch magerere Ausbeute des Herrn von Beust bei der Bürgerschaftwahl 2001. Damals konnte er nämlich nur 19% der Wahlberechtigten auf sich vereinen. Niemand hat aber damals die Legitimation angezweifelt und von Minderheitendemokratie gesprochen, so Dressel weiter.

Meine Herren, was müssen die bei der CDU Alpträume bei dem Gedanken an den Volksentscheid haben…

Kommentar (1)

  1. Anne Lystin schrieb:

    „Meine Herren, was müssen die bei der CDU Alpträume bei dem Gedanken an den Volksentscheid haben?“

    Alphawölfe der Hamburger CDU spüren, dass es ab dem 24. Februar 2008 bitter für die orangelackierte Partei an der Waterkant wird…

    Immer mehr verlassen das sinkende Schiff.

    Finanzsenator Wolfgang Peiner verlässt den Hamburger Senat
    http://www.hamburg-web.de/magazin/artikel/Wolfgang_Peiner.htm

    Am 1. April 2007 verkündete Ole von Beust, dass er sich im Falle eine Niederlage im nächsten Jahr aus der Politik zurückziehen werde.
    http://www.welt.de/hamburg/article790562/Von_Beust_kuendigt_Rueckzug_an.html

    Freiwillig auf sein Bürgerschaftsmandat [2008] hat […] der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Andreas Mattner verzichtet..
    http://www.abendblatt.de/daten/2007/03/17/707962.html

    Senator Uldall kündigt Rückzug aus der Politik an
    http://www1.ndr.de/nachrichten/hamburg/uldall4.html

    Fischer tritt als Hamburger CDU-Chef ab
    http://www.pr-inside.com/de/fischer-tritt-als-hamburger-cdu-chef-ab-r216716.htm

    Ergänzungen stets willkommen !

    Samstag, 1. September 2007 um 23:47 #