Ich bin wichtig, ich darf das

Was wurde auf die Schmidt geschimpft, als herauskam, dass ihr Dienstwagen auf Malle in Spanien gestohlen wurde. Gefundenes Fressen für die Presse. Das verhält sich natürlich vollkommen anders, wenn ein CDU-Politiker (und er ist nicht der Erste) eine Dienstwagenaffäre hat, so wie Hamburgs Innensenator Ahlhaus. Aber der hat ja eigentlich gar keine Affäre.

Eine Dienstreise nach Paris im Jahre 2008 wurde erweitert und privat genutzt. Sein Dienstwagen blieb ihm immer treu. Ahlhaus sieht sich im Recht. Er besteuere seinen Wagen und seine Leibwache pauschal.

Der Leiter der Staatsschutzabteilung im Landeskriminalamt (LKA) kommt Ahlhaus zur Hilfe und erklärt, Ahlhaus sei eine gefährdete Person. Somit sei es ganz natürlich, dass Dienstwagen, Fahrer und Personenschutz immer bei ihm geblieben sind. Der Mann ist eben wichtig.

Wie wichtig der Mann ist, zeigte sich einst bei meinem alten Arbeitgeber. Dort kamen in regelmäßigen Abständen Menschen (meistens Politiker) vorbei, um das Produkt „kritisch“ zu besprechen. Die Besprechungen fielen — wen wundert’s — hauptsächlich unkritisch positiv aus. Aber das ist nicht die Geschichte, die ich erzählen wollte.

Also: Eines Tages war auch Hamburgs Innensenator anwesend. Ich musste gerade einem Bedürfnis nachgehen und befand mich auf dem Weg dorthin, als ein kleiner Mann mit Knopf im Ohr vor mir stand. Ich schaute herunter und dann über ihn hinweg. Da waren noch mehr Leute mit Knopf im Ohr. Dazwischen der Senator, der wichtige. Ich zählte ungefähr drei Leibwächter. Mindestens zwei waren es aber auf alle Fälle. Weil wichtig und so.

Wochen später hatte sich Altonas SPD-Abgeordneter im Bundestag o.a. Scholz, der nebenbei noch Bundesminister für Arbeit und Soziales ist, zur Besprechung angekündigt. Diesmal musste ich nicht aufstehen und konnte die Szene von meinem Platz aus betrachten. Da kam der Minister um die Ecke, eine Frau (seine Pressesprecherin?) ein paar Schritte hinter ihm. Scholz setzte sich an dem ihn zugewiesenen Platz, die Frau nahm einige Meter weiter auf einem Tisch Platz.

Wo waren die Leibwächter? Keine Bodyguards? Niemand, der das Leben des Ministers, einem „Bundesorgan“, schützen wollte? Nein, da kam nichts mehr. Nur Scholz und Sprecherin. Ist ein Minister unwichtiger als ein Senator? Ich glaube, es geht eher darum, für wie wichtig sich manche Leute selber halten … Da muss dann eben die volle Bodyguard-Truppe anrollen — und mag sie noch so kurz sein.