Gängeviertel adieu

Es war doch eigentlich klar. Haben wir etwas anderes erwartet? Nachdem im August in die leer stehenden Häuser des Gängeviertels Künstler einzogen, um auf den Verfall der historisch wertvollen Häuser sowie auf die Raum- und Ateliernot in Hamburg hinzuweisen, und diese Aktion durchweg mit großen Sympathienbekundungen bedacht wurde, hat sich nun der niederländische Investor doch noch einmal gemeldet und die fällige Rate bezahlt. Nachdem sich aus dem platten Nachbarland lange niemand gemeldet, in Hamburg sich aber eine Art Wohn-Atelier-Kampf-Gemeinschaft gebildet hatte, eine Gemeinschaft, die von der Stadt Hamburg forderte, das Gängeviertel zu retten — stehen nun die Weichen für Abriss wohl auf Grün.

Kultur in Hamburg? Egal. Hamburgische Geschichte? Vollkommen egal! Wer braucht schon „seine Geschichte“, wenn man täglich diese neu schreibt. Mit der Stahl- und Glasfeder. So mag man im Rathaus gedacht haben. Andererseits hätte man wohl mehr für den Erhalt dieses wichtigen Quartiers getan. Doch: Fehlanzeige. Es muss immer groß sein. Laut. Schillernd. Da passen keine kleinen Backsteingebäude ins Bild. „Talent- und Kreativstadt“? Wohl nur, wenn es um namenhafte (oder vielleicht sogar befreundete?) „Kreative“ geht. Für Kleinkunst, für unabhängige Kunst ist kein Platz in dieser rieeesigen Weltstadt.

Ich erinnere noch einmal an Fatih Akin und seine so treffende Aussage, dass Hamburg keine Weltstadt ist! Hamburg wird auch nie eine, wenn die Stadt keinen Respekt vor ihrer Vergangenheit hat. Respekt hätte bedeutet, den Verkauf des Gängeviertels erst gar nicht in Erwägung zu ziehen.

Nun also der Abriss. Danke an unseren Spaß-EB für das Hände-in-den-Schoß-legen. Klasse gemacht. Wieder einmal.

Ich bin übrigens recht arg überrascht, dass die Welt einen doch einigermaßen „bissigen“ Kommentar zum Thema abgeliefert hat.

Dass Kultursenatorin Karin von Welck jetzt ihr Bedauern über die Entwicklung ausspricht, stellt dem gesamten Senatshandeln ein denkbar schlechtes Zeugnis aus. Wie heißt noch gleich das neue Leitmotiv der Regierung? Richtig: „Wachsen mit Weitsicht“. Was für ein Hohn.

Hohn ist hier so einiges …