Wechselbad der Gefühle mit Niels Frevert

Niels Frevert & Band – Paradies der gefälschten Dinge Tour 2014
Bewertung: 5 von 5

Niels Frevert live im Mojo-ClubNach der lang ersehnten neuen Scheibe von Niels Frevert gab es dann auch eine ebenso ersehnte Tournee. Vorletzte Station war die Heimat Hamburg. Dafür ging es hinab in den Mojo-Club, der am Ende sehr voll war.

Frevert trat mit Band auf, einer vierköpfigen Verstärkung, bzw. einer weiteren dreiköpfigen Bläser-Unterstützung. Die war jedoch nicht immer anwesend. Natürlich spielte Frevert in den knapp 105 Minuten seine neue Lieder, doch mischte er sie immer wieder mit alten Stücken. Man merkte, dass das – wie heißt es so grässlich? – „mitgewachsene Publikum“ bei den jüngeren Liedern nicht so sattelfest war, was die Textsicherheit anbelangte. Aber wenn „Klassiker“ gespielt wurden, sangen die Zuschauer lautstark mit. Sogar ich. Und ich Sing. schon lange nicht mehr auf Konzerten mit …

Die Weisen des Herrn Frevert sind, wie schon oft beschrieben, so schön, so sehr ans Herz gehend, dass einem selbst bei hohen Temperaturen und stickiger Luft so manches Mal ein Schauer über den Rücken lief. Kein metaphorischer, sondern ein echter Schauer, so sehr gehen einem die Lieder, erst recht in der Liveversion, unter die Haut.

Irgendwann nahm sich Frevert einen Hocker und spielte ruhige Stücke. Bei 1m2 Regenwald, fing die Dame schräg vor mir sogar an zu weinen, so sehr geht dieses schwermütige Stück einem nahe. Gefolgt von Du kannst mich an der Ecke rauslassen und schließlich Tankstelle im Wald von der Schwarzen EP, dann einem enorm kraftvollen Seltsam öffne mich, wo das Mojo bebte. Alle auf der Bühne haben alle auf dem Rang und vor der Bühne mächtig eingeheizt, nur um in der zweiten Zugabe das Gitarren-Solostück Aufgewacht auf Sand zu spielen. Was für ein Kontrast. Das Konzert wurde mit Niendorfer Gehege beendet und ein schöner, wenn auch zu kurzer Abend ging zu Ende.

Schaute man sich während des Konzerts mal ein wenig in der Nähe um, konnte man eigentlich auf jedem Gesicht entweder ein Lächeln sehen oder konzentrierte, in sich gekehrte Beschäftigung mit dem auf der Bühne Dargebotenen. Die Musik von Frevert hat jeden berührt. Der so bittersüße Part in Morgen ist egal wurde live ebenfalls hervorragend dargeboten, auch hier löste sich beim Zuschauer die Sehnsucht in einem Seufzer. Interessant war das Verhalten der Zuschauer bei Ich würde dir helfen, eine Leiche zu verscharren, wenn’s nicht meine ist, das eigentlich traurig ist, doch so gespielt wurde, dass der Saal beinahe auszurasten schien.

Frevert, der nicht gerade bekannt dafür ist, eine „Rampensau“ zu sein, bzw. mit dem Publikum großartig zu interagieren, hatte bei diesem Auftritt doch ungewohnt mehr Redeanteil. Eine technische Unschönheit im letzten Stück vor der ersten Zugabe ließ ihn zudem emotional werden, indem er den Tontechniker beim Verlassen der Bühne vor die Brust stieß.

Unterm Strich ein wunderschönes, herzerwärmendes Konzert. Ein Konzert, das man mit möglichst vielen Menschen teilen wollte.